Gemeinsam tanzend in den basisdemokratischen Arbeitskampf – Jetzt!

Gemeinsam tanzend in den basisdemokratischen Arbeitskampf – Jetzt!

Redebeitrag von Anno für unter_bau zum Gegen-Sommerfest am 29.06.23: Gegen das Sommerfest des Präsidiums! Soli für die Streikkasse!

Gemeinsam tanzend in den basisdemokratischen Arbeitskampf – Jetzt!

Dass wir unsere Körper hier heute auf dem Gegen-Sommerfest versammeln, sehe ich als wichtiges Zeichen der Studierendenschaft: Gegen das Präsidium und seine beschwichtigende Politik! Zu behaupten, Zitat “Unser Sommerfest bietet jedem etwas und lädt zum Verweilen ein!”, wenn die Getränkepreise bei 5-9€ liegen für ein Bier, dann muss Mensch sich schon fragen: Wem wird hier eigentlich Freude, Spass und Vergnügen ermöglicht? Dass das Sommerfest für uns Studis schlicht zu teuer ist, dass 75% der Studis von Geldproblemen geplagt werden, wird von der Unileitung ignoriert. Und als wäre das noch nicht genug, wird auf dem Sommerfest vor allem externen Firmen eine Präsentationsmöglichkeit gegeben, anstatt uns Studis selbst in Gestaltung und Programm demokratisch miteinzubeziehen.

Es muss Schluss damit sein, dass finanzielle Vorbedingungen von Studierenden darüber entscheiden, wer zu dem sog. “Sommerfest für alle” kommen kann – genauso wie Schluss damit sein muss, dass finanzielle und soziale Vorbedingungen darüber entscheiden, wer eine Karriere an der Uni machen kann – und es muss auch Schluss damit sein, dass Professor*innen diese Stellen unter der Hand vergeben. Es muss Schluss damit sein, dass die Uni systematisch schlechte Arbeitsbedingungen schafft.

Etwa im wissenschaftlichen Mittelbau, wo über 80% der Beschäftigten dank befristeter Verträgen ständig auf gepackten Koffern sitzen und so kaum Möglichkeiten haben, eine stabile Lebensexistenz aufzubauen. Oder bei Verwaltungsangestellten, wo Neueingestellte trotz steigender Qualifizierungs-Anforderungen zunehmend in schlechtere Gehaltsklassen eingestuft werden – mit der Folge, dass immer mehr Stellen unbesetzt bleiben und die Beschäftigten dort umso überlasteter sind.

Besonders krass ist die Situation von uns Studentischen Beschäftigten: Wir als studentische Beschäftigte, arbeiten an Lehrstühlen und in Laboren, wir geben Tutorien und unterstützen Veröffentlichungen und Forschungsprojekte, wir sitzen in den Bibliotheken, der Verwaltung und der EDV. Damit möchte ich ganz klar sagen: Ohne uns läuft hier gar nichts!

Und trotz dieser Tatsache, dass unsere Arbeit nicht nur wertvoll, sondern absolut notwendig für den universitären Betrieb ist, haben wir immer noch einen mickrigen Stundenlohn von 12,29€ bzw. 13,29€ für Masterstudierende und sind damit erschreckend häufig armutsgefährdet – das ist ein Schlag ins Gesicht!

Damit ist leider nur ein Problem von vielen angesprochen: Fehlende Personalvertretung, unsichere Verträge, diskriminierende Stellenvergabe – und die Liste könnte noch ewig weitergehen. All das gehört zu der Realität unserer katastrophalen Arbeitsbedingungen.

Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir einen Tarifvertrag, der es uns ermöglicht konsequente und dauerhafte Verbesserungen unserer Arbeitsbedingungen zu erkämpfen – und nur ein Tarifvertrag gibt uns die Möglichkeit, einen eigenen studentischen Personalrat zu wählen, welcher sich aktiv gegen Diskriminierungen im Einstellungsverfahren einsetzt und die Professor*innen hierbei kontrolliert – und auch tatsächliche Mitbestimmungen schaffen könnte, damit Spaß, Freude und Vergnügen für alle zugänglich gemacht wird.

Das Präsidium könnte all das schaffen: Entfristungen für den Mittelbau, faire Bezahlung und weniger Belastung für Administrativ-Technische Mitarbeiter*innen, Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte. Doch Präsident Enrico Schleiff und seine Komplizen machen das Gegenteil und treiben ungeniert die Verschlechterung unser aller Lebens-Situation voran.

Diese neoliberal-autoritäre Politik der Uni-Leitung betrifft nicht nur Studentische Beschäftigte, sondern auch alle anderen Studis der Universität. Als mit Abstand größte Statusgruppe der Uni werden wir an der Goethe-Uni systematisch marginalisiert: So gibt es immer weniger eigene studentische Räume. Vor 20 Jahren, 2003, hätte das neue Studierendenhaus auf diesem Campus stehen sollen – damit feiern wir hier 20 Jahre später, in denen der Bau noch nicht einmal begonnen hat, ein trauriges Jubiläum. Vor 10 Jahren, 2013, wurde das in studentischer Selbstverwaltung betriebene Ivi, das Institut für vergleichende Irrelevanz, von der Uni unter Wert an Immobilienspekulanten verkauft und mithilfe der Polizei geräumt. Seit 10 Jahren steht das Ivi trotz bester Lage in Bockenheim nun wieder leer, womit wir ein zweites trauriges Jubiläum feiern heute. Wo sollen wir denn auf dem Campus verweilen, wenn wir keine eigenen Räume haben?

Auch im Studium nimmt unser Mitspracherecht immer weiter ab. Modulzwang, Regelstudienzeit und Prüfungsdruck sind in den meisten Studiengängen schon längst die Realität – anstatt uns die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt zu lernen und mündig eigene Wege auszuloten, sollen wir offensichtlich nur möglichst schnell mit der Uni fertig werden, um unsere Kraft auf dem Arbeitsmarkt „frei“ zu verkaufen. Gegen-Bewegungen, Proteste und Kritik werden derweil gezielt verdrängt, mundtot gemacht und kriminalisiert, ob bei der Hörsaalbesetzung für Klimagerechtigkeit im vergangenen Dezember, den Gegen-Protesten zur rassistischen Konferenz der Professorin Schröter vor kurzem, dem End-Fossil-Protest-Camp, das gerade auf der anderen Seite des Campus stattfinden muss oder dem AStA, unserer verfassten Studierendenschaft, das das Präsidium ausbluten lassen und in den finanziellen Ruin schicken will.

Damit wir uns langfristig als Beschäftigte und Studierende organisieren können, brauchen wir die Gewerkschaften – sie stärken uns den Rücken und wir stärken die Verhandlungsposition der Gewerkschaften, wenn wir alle Mitglied werden! Denn je mehr wir sind, desto größere Wirkmächtigkeit bekommen wir. Mit unter_bau etablieren wir eine selbstorganisierte, demokratische Institution, die den autoritären und neoliberalen Auswüchsen der Uni-Leitung etwas entgegensetzen kann. Und gesamtgesellschaftlich können wir festhalten, dass die Gewerkschaften, historisch wie gegenwärtig, ein Ankerpunkt für Demokratisierung und den Widerstand gegen Rechtsextremismus sind. In Zeiten maximaler Entgrenzung der Arbeit und daraus folgenden Schwierigkeiten für politischen Aktivismus sind Gewerkschaften heute vielleicht wichtiger denn je – und mit dem Streikrecht verfügen Gewerkschaften über einen essentiellen Hebel, mit dem wir die Maschinerien der Universitäten, Betriebe und Regierungen stoppen können, um die Interessen von uns Beschäftigten und Studierenden durchzusetzen.

Wir nehmen die prekären Arbeitsbedingungen und die Individualisierung an der neoliberalen Hochschule nicht mehr hin. Lasst uns weiterhin eine gemeinsame Stimme entwickeln, Aktionen planen und uns organisieren, um für einen Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte und für Entfristungen in den Arbeitskampf zu treten! Lasst uns organisieren, und… Lasst uns HeutE damit beginnen, denn wie die anarchistische Feministin Emma Goldman schon bemerkte: “Wenn ich nicht dazu tanzen kann, ist es nicht meine Revolution!”