Unser Ansatz

Lasst uns zunächst vermitteln, warum eine alternative Gewerkschaft für den Hochschulbereich keine Schnapsidee ist. Auf dieser Seite legen wir da, wie wir nach der Gründung 2016 die neue Gewerkschaft etablieren wollen. Dabei handelt es sich um ein zusammengefasstes Kapitel aus einem umfassenden Strategiepapier, das wir Interessierten gerne direkt in die Hand geben.

Wir wollen uns und anderen nichts vormachen: Eine neue Basisgewerkschaft aufzuziehen, ist ein ambitioniertes Projekt, das eine große Verantwortung mit sich bringt. Wir haben daher vor der Gründung sorgfältige Vorbereitungen getroffen und den Gründungsprozess möglichst systematisch vollzogen, um das Projekt von Beginn an auf eine tragfähige Basis zu stellen.

Vorgeschichte: Von der Initiative zur Organisation

Die Arbeit begann zunächst in einem kleinen Kreis von Aktiven, der sich auf ein Grundkonzept und ein grobes Vorgehen einigte. Dieser Kreis, der sich stetig vergrößerte, widmete sich einer umfassenden Betriebsanalyse, einem rechtlichen und gewerkschaftlichen Schulungsprozess und der Erarbeitung eines Strategiepapiers. Außerdem wurde ein vorläufiges Programm formuliert, das wiederum als Grundlage für ein umfassenderes Grundsatzprogramm der Gewerkschaft dienen kann. Es enthält erstens konkrete Forderungen, die unmittelbare Verbesserungen für die an der Hochschule tätigen Menschen ermöglichen sollen, zweitens hochschulpolitische Positionen, die Strukturreformen an der Hochschule vermitteln können, und drittens langfristige Perspektiven für die Hochschule.

Die Gründung der Gewerkschaft wurde an enge Voraussetzungen geknüpft, weshalb man sich ausreichend Zeit nahm. Dabei war die Initiative bemüht, im Vorfeld eine Dynamik zu generieren, deren Schwung die neue Organisation mitnehmen kann. Außerdem mussten einige Vorbereitungen abgeschlossen werden. Dafür wurden mehrere Komitees (Öffentlichkeit, Kongressorganisation, Aktion & Veranstaltung, Organizing) und Redaktionen (etwa zur Erarbeitung des Organisationsstatuts) eingerichtet, deren Arbeit von einem provisorischen Sekretariat koordiniert und an Vollversammlungen rückgekoppelt wurde. Der Gründungskongress war schließlich ein voller Erfolg. Die Organisationsgrundlagen wurden einstimmig verabschiedet, alle Arbeitsbereiche wurden mit gewählten Mandatierten besetzt. Mit seinen rund 150 Gründungsmitgliedern avancierte der unter_bau auf Anhieb zur größten basisgewerkschaftlichen Betriebsgruppe in Deutschland.

Das Vehikel: Struktur der Gewerkschaft

Unsere Gewerkschaft soll nicht bloß Forderungen formulieren, die ihrer Durchsetzung harren. Ihre Organisations- und Arbeitsweise selbst soll bereits politische Ansprüche verwirklichen, indem sie als Keimzelle einer rätedemokratischen Hochschule fungiert. Der Organisation kommt somit eine Doppelfunktion zu: Sie muss einerseits den Statusgruppen Strukturen bieten, mit denen diese ihre spezifischen Interessen artikulieren können. Andererseits muss unter_bau die Hochschule als Raum abbilden, um diesen re-organisieren und in Selbstverwaltung überführen zu können. Sinnvoll erscheint daher eine zweidimensionale Föderation, die sowohl die soziale als auch die räumliche Gliederung der Hochschule erfasst. So entsteht ein föderales Geflecht, das Gruppeninteressen zur Geltung bringt, ohne zu spalten, bzw. politisch eint, ohne die Gruppeninteressen zu negieren.

Für die Zukunft vorgesehen sind gruppenspezifische Assoziationen, welche die soziale Dimension repräsentieren und als autonome Teilgewerkschaften fungieren. Ihre Aufgabe ist die Wahrnehmung der gewerkschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder und die Unterstützung hochschulpolitischer Forderungen. Mit der Ausdifferenzierung dieser Assoziationen soll die politischen Dimension an Bedeutung gewinnen. Bestehen etwa in einem Bereich der Hochschule Untergliederungen der Assoziationen, schließen sie sich statusgruppenübergreifend zu Sektionen zusammen. Die Sektionen sollen dabei politisch die rätedemokratische Selbstverwaltung vorantreiben und Arbeitskämpfe unterstützen. In der Autonomie der Assoziationen und Sektionen liegt es, eigene Sekretariate bzw. Räte wie auch Arbeitskreise einzurichten. Vor allem sollen sie Delegiertentreffen untereinander abhalten und ein föderales Sekretariat bzw. einen Föderationsrat bilden.

Der Motor: Funktionsweise der Doppelföderation

Dem Sekretariat der Assoziationen und dem Rat der Sektionen obliegt es, die Aktivitäten und Forderungen der jeweiligen Föderationen zu koordinieren und zwischen beiden zu vermitteln. Sie erledigen deren administrative Arbeit, setzen ihre Beschlüsse um bzw. achten auf deren Einhaltung und vertreten die Gesamtorganisation nach außen. Beide Gremien können auf einem jährlichen Kongress gewählt werden, handeln nach einem imperativen Mandat und sind – bei Verstoß gegen dieses – jederzeit durch Delegiertentreffen abwählbar. Inwieweit diese föderalen Gremien Gestalt annehmen hängt jedoch von der organisatorischen Ausdifferenzierung der Gewerkschaft ab. Denn die föderale Struktur wächst mit der Entstehung verschiedener Assoziationen und Sektionen. In jedem Fall setzen wir bei der Besetzung von Ämtern eine geschlechtliche Ausgewogenheit ebenso voraus wie eine zeitliche Begrenzung der Ausübungsmöglichkeiten.

Der jährliche Kongress ist das höchste Entscheidungsgremium der Organisation und stellt eine Vollversammlung aller Mitglieder dar. Hier kann mit Anträgen die allgemeine Ausrichtung der Organisation justiert werden, etwa durch Strukturreformen und programmatische Änderungen oder Ergänzungen. Ebenso können Mandate für notwendige Aufgaben jenseits des Sekretariats vergeben werden, etwa für die Redaktion von Gewerkschaftsorganen, eine ständige Arbeitsgruppe für Veranstaltungen oder Arbeitskreise von allgemeiner Bedeutung (z.B. Betriebsrecherche, Bildungsarbeit, Vernetzung usw.). Zwischen den Kongressen könnten halb- oder vierteljährliche Klausuren abgehalten werden, die zur Reflexion und Weiterentwicklung der Organisationsarbeit sowie zur Vorbereitung von Kongressanträgen dienen.

Fahrt aufnehmen: Die Transformation organisieren

Die skizzierte Organisationsstruktur kann nur idealtypisch sein. Denn welche Elemente davon aktiviert werden, hängt zu jedem Zeitpunkt vom Organisierungsgrad in den jeweiligen Bereichen und den Bedürfnissen der Mitglieder ab. Die Aktivierung möglichst vieler Elemente muss zwar das strategische Leitprinzip einer Transformationsorganisation wie der unsrigen sein. Allerdings – da möchten wir uns nichts vormachen – gilt es zunächst, sich gut im gewerkschaftlichen Kernbereich aufzustellen. Der Aufbau der Assoziationen hat also Priorität. Nur wenn dies gelingt, entsteht ein Fundament, auf dem sich die Sektionen errichten lassen. Dazu muss fortwährend die Basis der Organisation erweitert werden, sei es durch alltägliche Agitation, durch erfolgreiche Aktion oder soziale Veranstaltungen, die die gemeinsame Arbeit greifbar machen.

Vor allem nehmen wir uns Problemen an, die von den Gewerkschaften bisher vernachlässigt wurden. So wollen wir Menschen eine Organisationsmöglichkeit bieten, die sie bisher nicht gefunden haben. Durch föderale Praktiken wird eine gleichberechtigte Selbstverwaltung gelebt und durch direkte Aktionen der Mut bestärkt, für die eigene Sache einzutreten. In einem solchen Zusammenhang wird ein solidarischer Arbeitszusammenhang verwirklicht und die Grundlage für erfolgreiche Arbeitskämpfe gelegt, die eben keinem blinden Aktionismus folgen. Dazu ist es wichtig, aufbauend auf den praktischen Erfahrungen und einer kontinuierlichen Bildungsarbeit zu diskutieren, wie sich unsere Ideen realisieren und in eine zielgerichtete Transformationsstrategie übersetzen lassen.

Das bedeutet auch, die in der Praxis erfahrenen Widersprüche anzuerkennen, zu reflektieren und einen kreativen Umgang damit zu finden. Eine wahrhaft radikale Transformation setzt innerhalb der Verhältnisse an, untergräbt deren Basis und schafft einen neuen Unterbau.