Studentische Aushilfen bei der Fraport AG: Von heute auf morgen ohne Einkommen

Studentische Aushilfen bei der Fraport AG: Von heute auf morgen ohne Einkommen
Düstere Zeiten für studentische Aushilfen bei der Fraport AG. Photo: unter_bau

Swantje ist Mitglied bei unter_bau und berichtet an dieser Stelle von ihren Erfahrungen als studentische Aushilfe bei der Fraport AG während „Corona“.

„Daher müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir […] ab sofort keinen Einsatz mehr für Sie haben“ Fraport gegenüber den studentischen Aushilfen im März 2020

Als im März 2020 die Corona-Pandemie in Form des “1. Lockdowns” massive und weitreichende Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen hierzulande hatte, war ich ziemlich genau ein Jahr als studentische Aushilfe bei der Fraport AG1 beschäftigt – mein Arbeitsvertrag war gerade um sechs Monate verlängert worden. Im Folgenden beschreibe ich, wie ich den Umgang mit uns Studierenden von Unternehmensseite zu dieser Zeit erlebt habe.

Am 27.03.2020 wurde an die bei Fraport beschäftigten studentischen Aushilfen – nach Aussage meiner damaligen Personalreferentin haben dort rund 1000 Studierende gearbeitet – ein Schreiben verschickt, in dem uns mitgeteilt wurde, dass es ab sofort keinen Einsatz mehr für uns gäbe. „Ihr Arbeitsverhältnis bleibt trotzdem bestehen; es ruht jedoch. Dies bedeutet, dass Sie keine Arbeitsverpflichtung haben und wir im Gegenzug keine Vergütung leisten werden.“ Der Anspruch auf Kranken- und Urlaubsgeld wurde uns in diesem Zuge ebenfalls aberkannt.

Mit diesem Schreiben wurde uns de facto von heute auf morgen die finanzielle Lebensgrundlage entzogen. Hätte Fraport uns gekündigt, hätten wir aufgrund der gesetzlichen vierwöchigen Kündigungsfrist immerhin noch einen weiteren Monat Lohn erhalten. Mit dem Schreiben vom 27.03.2020 wurde das Arbeitsverhältnis praktisch ohne eine Kündigung mit sofortiger Wirkung aufgehoben und wir Studierenden wurden, ohne dass wir offiziell entlassen worden wären, arbeits- und einkommenslos2.

Nun sah es auf dem Arbeitsmarkt für Studierende im April 2020 überaus düster aus. Zwar gab es einige zusätzliche Stellen im Einzelhandel, die waren jedoch schnell besetzt. Nennenswerte Unterstützungsangebote von staatlicher Seite, die nicht mit einer hohen Verschuldung einhergegangen wären, gab es für Studierende bekanntermaßen nicht. Wer von uns studentischen Aushilfen also nicht über eigene Ersparnisse verfügte oder aus dem Familien- oder Freundeskreis bezuschusst werden konnte, stand von heute auf morgen vor massiven finanziellen Herausforderungen. Und das, obwohl Fraport sich einen sozialverträglicheren Umgang mit den beschäftigten Studierenden durchaus hätte leisten können – der Reingewinn des Fraport-Konzerns lag 2019 bei über 450 Millionen Euro3.

Tatsächlich rief das Vorgehen der Fraport bei mir und den beiden anderen Studierenden aus meiner Abteilung eine gewisse Skepsis hervor. Ist es arbeitsrechtlich in Ordnung, ein vertraglich geregeltes Arbeitsverhältnis faktisch aufzuheben, ohne Fristen einzuhalten oder Ausgleichszahlungen zu leisten?

Vielleicht hätten wir eine viel befriedigendere Antwort auf diese Frage gefunden – und nicht einfach die Ansage der Fraport hinnehmen müssen – wenn wir studentischen Aushilfen bei der Fraport besser gewerkschaftlich organisiert gewesen wären. Leider hat sich die DGB-Gewerkschaft, in der ich seit mehreren Jahren Mitglied bin, nicht dazu entschieden, uns in dieser Frage umfassender zu unterstützen. Auch der Betriebsrat der Fraport AG fühlte sich für uns studentische Aushilfen nicht zuständig. Ohne eine betriebliche Interessenvertretung für Arbeitnehmer*innen, die auch die Interessen der studentischen Aushilfen berücksichtigt und im Zweifelsfall gegen die Arbeitgeberin durchsetzt, bleiben die Arbeitsbedingungen von Studierenden bei der Fraport AG auch zukünftig prekär. Hier ist ein Wandel dringend notwendig und sehr wünschenswert. Auch Arbeitsverträge sollten keinen Spielraum für Regelungen lassen, die für die Arbeitnehmer*innen große Unsicherheiten bergen. Hier sind insbesondere die großen Gewerkschaften gefragt.

Der Fall der Fraport AG veranschaulicht zudem ein viel größeres Problem: Nämlich, dass sich die Lebens-, Lern- und Arbeitsbedingungen für viele Studierende durch die Corona-Pandemie massiv verschlechtert haben, dieser Umstand politisch und gesellschaftlich jedoch kaum berücksichtigt wird.

Gemeinsam mit dem unter_bau habe ich im März 2021 gegen die Fraport AG geklagt. Die Gerichtsverhandlung steht noch aus.

1 Die Fraport AG ist Betreiberin des Frankfurter Flughafens und weltweit an insgesamt 31 Verkehrsflughäfen beteiligt. Der Fraport-Konzern beschäftigt ca. 22.500 Personen (s. Geschäftsbericht 2019, S.78).

2 Da die Arbeitsverträge der studentischen Aushilfen bei Fraport befristet waren, endete das Arbeitsverhältnis automatisch nach Ablauf der jeweils vereinbarten Laufzeit. Bei mir war es bspw. so, dass ich offiziell (und wie vertraglich vereinbart) erst im September 2020 aus dem Unternehmen ausgeschieden bin, aber – wie beschrieben – seit April 2020 nicht mehr arbeiten durfte und auch kein Gehalt mehr erhalten habe.