Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung an der neoliberalen Hochschule

Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung an der neoliberalen Hochschule

Unsere Genossinnen Denise und Maike von LautereMittel waren bei der Podiumsdiskussion zu “Machtmissbrauch und sexualisierte Diskriminierung” des Gleichstellungsrat / FB03 am 28. November und haben die wichtigsten Punkte zusammen getragen. Es zeigt sich wiedermal, wie wichtig feministischen Bündnisse sind, um unmittelbar gegen Diskriminierung vorzugehen und langfristig strukturelle Veränderungen zu bewirken.

Es ist kein Zufall, dass #MeToo oder #aufschrei an den Universitäten kaum Wiederhall gefunden hat.“ So eröffnete Vanessa Thompson (Goethe-Uni, Moderation) die Podiumsdiskussion „Machtmissbrauch und sexualisierte Diskriminierung an der Universität – Facetten und Strukturelle Bedingungen“, die der Gleichstellungsrat des FB03 der Goethe Uni am 28. November 2019 anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen organisiert hat.

Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung sind an der Universität alltägliche Realität. Die vier Podiumsteilnehmerinnen waren sich einig: die Universität ist kein Schutzraum. Vielmehr ist sie ein von verschiedenen Macht- und Hierarchieverhältnissen durchzogener Raum. Abhängigkeitsverhältnisse etwa durch Prüfungen oder in Betreuungs- und Arbeitsverhältnissen, sorgen für eine Kultur, in der sexualisierte Gewalt und Diskriminierung nicht nur möglich sind, sondern ermöglicht werden. Dies gilt für die 80er Jahre, wie für heute, äußert sich aber historisch spezifisch. Geändert hat sich vor allem die Form der Verschleierung dieser Hierarchien: „Die Universität der Gegenwart ist ganz schwer zu packen. Ungreifbar, glitschig.“ führt Uta Ruppert (Goethe-Uni) aus. Gegenwärtig werden an der Goethe Universität durch die fortschreitende Neoliberalisierung der Hochschule Verhältnisse und Strukturen verdeckt und weiter entpolitisiert. Dies äußert sich etwa in der Inkorporierung des Gleichstellungsbüros: „Monitoring ist auch eine Technik der Verschleierung, der Entschärfung von Konflikten […] Existenzielle Konfrontation wird unmöglich.“ (Ruppert).

Die Gewaltförmigkeit dieser universitären Strukturen wurde 2018 besonders sichtbar, als in Frankfurt Studierende gegen den verheerenden Umgang der Goethe-Uni und des Gleichstellungsbüros mit sexualisierter Gewalt und Diskriminierung und für eine unabhängige Beschwerdestelle demonstrierten. Anja Wolde, die Gleichstellungsbeauftrage der Goethe-Universität, gibt zu, „dass nicht genug getan wurde“ und weist auf die damals zu geringen Kapazitäten des Gleichstellungsbüro hin. Gleichzeitig sei sie sich den Grenzen und Widersprüchen ihrer Arbeit bewusst. „Das Gleichstellungsbüro ist ein neoliberalisierter Teil der Universität, es ist aber auch die Chance ein Mehr zu sein.“ (Wolde).

Das Versagen universitärer Strukturen im Kampf gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung ist nicht allein durch mehr Ressourcen zu lösen. Vielmehr braucht es eine Repolitisierung und öffentliche Auseinandersetzung, die sich nicht nur mit Einzelfällen und Konfliktmanagement befasst, sondern Strukturen und Verhältnisse angreift. „Langfristig muss sich die Struktur radikal verändern, die Hierarchisierung von Statusgruppen vermachtet den Raum.“, so Regina Schleicher vom Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie ist sich mit Mandy Gratz vom Freien Zusammenschluss von Student*innenfachschaften einig: „Die Verhältnisse an Hochschulen müssen demokratisiert werden.“

– Denise und Maike von LautereMittel

LautereMittel ist eine feministische Rechtshilfe aus dem Rhein-Main-Gebiet. Sie versteht sich als Anlaufstelle für Personen, die sexualisierte und/oder geschlechtsspezifische Gewalt erlebt haben. Sie unterstützt bei (rechtlichen) Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit sexualisierter und/oder geschlechtsspezifischer Gewalt. Dabei ist sie immer solidarisch und parteilich mit Betroffenen.

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