Pressemitteilung: Novum in der deutschen Gewerkschaftslandschaft

Die alternative Hochschulgewerkschaft unter_bau hat ihre Gründung vollzogen:

Mit diesem Wochenende ist es offiziell: An der Goethe-Universität gibt es eine neue Gewerkschaft. Auf einem Kongress, der vom 18. bis 20. November im Festsaal des Studierendenhauses in Frankfurt-Bockenheim stattfand, konstituierte sich feierlich diese alternative Hochschulgewerkschaft, die sich für die Goethe-Universität und zusammenhängende Dienstleistungsbetriebe zuständig sieht. Sie beansprucht eine Interessenvertretung zu sein, die für alle Status- und Beschäftigtengruppen an der Universität (ausgenommen der Professor_innenschaft) offen ist. Begleitet wurde die Gründungsveranstaltung von zahlreichen nationalen und internationalen Gästen, mit denen die Gewerkschaft in Zukunft kooperieren möchte.

Auf dem Kongress beschloss die neue Gewerkschaft ihre Satzung samt Anhängen – darunter u.a. die Geschäftsordnung, die Finanzordnung und tarifpolitische Richtlinien – im Umfang von 40 Seiten. Zugleich stützt sich die Organisation nun auf formale Mitgliedschaften, für die sie reguläre Beiträge erhebt. Zum Ende des Kongresses zählt die Gewerkschaft fast 150 Mitglieder. „Auf Anhieb konnten wir eine Größe erreichen, die den etablierten Gewerkschaften an der Universität nicht nachsteht“, erklärt Conny Pretz, neu gewählte Pressesprecherin der Gewerkschaft. „Dabei ist auch zu bedenken, dass wir uns auf einen viel höheren Anteil an Aktiven stützen können.“ Matthias Huffer, ebenfalls neu gewählter Sprecher, ergänzt: „Damit stellt der unter_bau die größte basisgewerkschaftliche Betriebsgruppe in Deutschland dar. Unser Anspruch ist es nun, nicht nur aktivste Gewerkschaft an der Universität zu sein, sondern auch die mitgliederstärkste zu werden.“

Die neue Gewerkschaft unterscheidet sich zu herkömmlichen Interessenvertretungen zum einen durch eine politische Programmatik, die auf eine soziale Hochschule in rätedemokratischer Selbstverwaltung abzielt, um damit die Arbeits-, Studien- und Wissenschaftsbedingungen grundlegend neu zu gestalten. Zum anderen hat sie eine basisdemokratische Funktionsweise, bei der die föderalen Basiseinheiten großzügige Autonomie genießen und alle Beschlüsse in regelmäßigen Vollversammlungen der Basis getroffen werden. Ausgeführt werden die Beschlüsse von einem Sekretariat gemäß dem Prinzip des imperativen Mandats, wobei alle Posten – für die allgemeine Koordination, gewerkschaftliche Organisierung, Öffentlichkeitsarbeit, Außenbeziehungen und Verwaltung – geschlechterparitätisch doppelt besetzt sind. Ferner wurden themenspezifische Arbeitskreise, etwa zu Strukturentwicklung, Rechnungsprüfung und Programmatik, eingerichtet. Insgesamt wurden über 20 Personen in Mandate gewählt.

„Was wir hier initiiert haben, ist ein Novum in der deutschen Gewerkschaftslandschaft“, sagt Huffer, der darauf verweist, dass durch die Bürokratisierung der Gewerkschaften wichtige Potentiale progressiver Gesellschaftspolitik liegen gelassen worden seien. Entsprechend versteht es die Gewerkschaft als ihren Auftrag, den Alltag in Hochschule und Gesellschaft zu re-politisieren, um dem sich ausbreitenden Autoritarismus entgegenzuwirken. „Unsere Gründung ist auch ein politisches Signal“, erklärt Pretz abschließend. „Gegen die neoliberale Verrohung und den allgemeinen Rechtsruck werden wir hier eine Wende einleiten.“